Langer Atem

Manchmal geht einem einfach die Luft aus. Beim Treppensteigen mit den schweren Einkaufstaschen oder beim Fahrradfahren, beim alltäglichen Jonglieren zwischen Familie und Beruf oder auch angesichts der vielen Herausforderungen unserer Gesellschaft und Zeit. Wie ein Berg legt sich einem dann das vor die Füße, was bewältigt werden will. Und man fragt sich: Wie soll ich das denn eigentlich schaffen?

Ein großer Berg – der lag auch vor den Menschen, die im 6. Jh. v.Chr. aus dem babylonischen Exil zurückkehrten nach Jerusalem: ein Trümmerhaufen aus zerstörten Gebäuden und eingestürzten Tempelmauern und ein Haufen von Arbeit, wie er sich vor Menschen auftürmt, die nach großen Veränderungen im Leben noch einmal neu anfangen müssen. Da trat einer auf und redete als Prophet im Namen Gottes. Sacharja hieß er und er machte seinen Mitmenschen Mut. Denn er richtete ihnen Gottes Verheißung aus: Das, was Ihr da an Aufgaben vor Euch habt, „soll nicht durch Heer und Kraft geschehen, sondern durch meinen Geist.“ (Sach 4,7). Ihr müsst nicht allein die Energie aufbringen für all das, was hier getan werden muss, sondern Gott selbst wird bei Euch sein und er wird Euch unter die Arme greifen.

Himmelskraft für die Aufgaben, die vor einem liegen – das klingt wunderbar. Aber vielleicht auch ein bisschen märchenhaft. Und wer nun Bilder von himmlischen Baggern und Engeln mit Schaufeln in der Hand vor Augen hat, wird auch enttäuscht. Himmlische Bagger kamen nicht damals in Jerusalem. Genauso wenig wie ein kräftiger Wind, der all die Trümmersteine einfach weggeblasen hat. Und trotzdem stand schon wenige Jahre später wieder ein Tempel in der Stadt. Aufgebaut von Menschen, die Gottes Gegenwart erlebt haben. Sie haben Gottes Nähe gespürt als Geistkraft, die sie so miteinander verbunden hat, dass sie gemeinsam die Arbeit bewältigen konnten. Und sie haben Gottes Nähe gespürt als langen Atem, der ihnen auch über Durststrecken hinweg die Zuversicht bewahrt hat, dass das Leben auf gute Weise weitergeht.

Dass auch wir heute Gottes Geist so erfahren in Momenten, in denen uns die Luft auszugehen droht, das wünsche ich Ihnen und uns allen.

Ihre Pastorin Stefanie Reinert